6. Gulweida-Warneyer-Gedenkturnier 2006

6. Gulweida-Warneyer-Gedenkturnier 2006

Sein traditionelles neunrundiges Wochenendschnellturnier mit einer Bedenkzeit von 30 min veranstaltet der Schachklub Tempelhof gewöhnlich Anfang Oktober; diesmal fand es genau am Monatswechsel, also am 30. September und 1. Oktober im Rathaus Schöneberg statt, selbstverständlich auch wieder unter der Schirmherrschaft des Vorstehers der Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg Rainer Kotecki. Die Gewinner dieses beliebten Turniers, zu dem sich regelmäßig eine große Anzahl von „Stammkunden“ einfinden, waren 2001 GM Robert Rabiega, 2002 IM Ilmârs Starostîts, 2003 IM Holger Ellers, 2004 IM Ulf von Herman und 2005 GM Sergej Kalinitschew. Die Frage war, wer von der Berliner Schachprominenz diesmal dabei sein würde und ob vielleicht auch wieder Schachkoryphäen von außerhalb den Lokalmatadoren die Preise streitig machen würden, zumal der Preisfonds anläßlich des fünfundsiebzigjährigen Bestehens des Schachklubs Tempelhof auf insgesamt 2.000 Euro aufgestockt worden war; dem Sieger winkten außer dem Wanderpokal ein ansehnlicher Geldbetrag, und auch die restlichen Preise konnten sich sehen lassen.

Die Berliner Schachszene ist derzeit sehr aktiv, und es gibt eine Vielzahl von offenen Schnellturnieren, aber auch solche mit normaler Bedenkzeit. Unglücklicherweise sind zeitliche Überlappungen oder Nachbarschaften nicht auszuschließen, da für derartige Turniere auch entsprechenden Räumlichkeiten benötigt werden, die jedoch leider nicht immer zur Verfügung stehen, oder weil auch gern die Herbstferien für Turniere mit normaler Bedenkzeit genutzt werden, denn sonst können nicht genug Spieler die erforderliche Zeit aufbringen. Trotz allem meldeten sich 62 Teilnehmer an, was im Rahmen der üblichen Teilnehmerzahl dieses Turniers liegt. Bedingt durch Krankheit oder Enttäuschung über einen schlechten Turnierstart gibt es immer wieder Rücktritte, und so hielten schließlich nur 57 Spieler bis zum Ende durch, obwohl unter den Teilnehmern, die bis zum Schluß durchhielten, zwanzig Sachpreise verlost wurden.

Diesmal waren vier Titelträger und insgesamt sechzehn gesetzte Spieler mit einer Elo-Zahl bzw. DWZ über 1900 am Start. Die Anzahl der SKT-Spieler war mit zwölf etwas höher als im Vorjahr, ein Indiz dafür, daß die Zahl der aktiven Vereinsmitglieder im Steigen begriffen ist, obwohl sich die Mitgliederzahl in den letzten Jahren kaum verändert hat. Außerdem waren wieder viele Spieler aus anderen Berliner Vereinen und Betriebsschachgruppen angetreten, und einige kamen von außerhalb. Der Wertungszahldurchschnitt der Spieler mit bekannter Zahl war mit 1746 wieder recht beachtlich und lag etwas über dem Vorjahresniveau von 1725, und die Differenz zwischen dem stärksten und dem schwächsten Spieler betrug erstaunliche 1486 DWZ-Punkte und entsprach damit fast der Stärke eines mittleren Vereinsspielers.

Ungesetzte Spieler und die gesetzten, die nur um die halben Preisgelder spielen wollten, hatten ein Startgeld von 12,50 Euro zu entrichten, regulär gesetzte zahlten das Doppelte. Für die fünf besten gesetzten Spieler waren Preisgelder von 600, 300, 150, 80 und 50 Euro ausgesetzt und für die fünf besten ungesetzten jeweils die Hälfte. Für die beiden besten Damen, Jugendlichen und Senioren gab es je 50 und 25 Euro zu gewinnen. Die Rangfolge wurde bei Brettpunktgleichheit durch die Buchholzwertung bestimmt, die Geldpreise wurden allerdings nach dem Hort-System geteilt, d. h. bei punktgleichen Spielern wurde die eine Hälfte des Preises direkt vergeben, die andere Hälfte addiert und durch die Zahl der Spieler geteilt, um die unvermeidlichen Härten infolge ungünstiger Auslosung bei brettpunktgleichen Spielern zu mildern.

Zur Begrüßung und Eröffnung des Turniers waren außer dem Schirmherrn Rainer Kotecki der Präsident und der Ehrenpräsident des Berliner Schachverbandes (BSV) Dr. Matthias Kribben und Alfred Seppelt sowie Hartmut Mahlkow, der Vorsitzende der Fachvereinigung Schach (FVS) im Betriebssportverband Berlin-Brandenburg, erschienen. Dr. Kribben und Hartmut Mahlkow nahmen sogar am Turnier teil, als Ehrengäste natürlich startgeldfrei. Rainer Kotecki kündigte an, daß er dieses Turnier aufgrund der jüngsten Wahlergebnisse wohl zum letzten Male unter seine Fittiche nehmen konnte, sein Nachfolger würde die traditionelle Schirmherrschaft dieses Turniers aber sicher weiterführen wollen.

Die ruhige Turnieratmosphäre täuschte nicht darüber hinweg, daß an den Brettern erbittert gekämpft wurde, auch wenn manche Partie dann doch friedlich mit einem Remis endete. In der ersten Runde wurde die obere Hälfte des Teilnehmerfeldes gegen die untere ausgelost, und so mußte der Ex-SKT-Spieler Hellmut Klevenow an Brett 1 gegen IM René Stern antreten, und der später beste ungesetzte SKT-Spieler Paul Kohlstadt-Erlebach hatte das zweifelhafte Vegnügen an Brett 2 gegen GM Sergej Kalinitschew spielen zu dürfen, während sich der SKT-Vorsitzende an Brett 3 gegen FM Dawid Janaszak wiederfand und lästerte, daß es in der Tischfolge dann nur noch bergab gehen könne – keine Frage, wie diese drei Partien ausgingen. In den folgenden beiden Runden gab es keine besonderen Überraschungen. In der vierten Runde erreichte FM Gehard Lüders jedoch an Brett 1 gegen René Stern ein Remis, der Rest lief mehr oder minder erwartungsgemäß. Die fünfte Runde bildete dann ohne Überraschungen den Abschluß des ersten Tages.

Am Sonntagmorgen stand in der sechsten Runde die Begegnung Kalinitschew gegen Stern auf der Tagesordnung, die ersterer für sich entscheiden und damit einen wichtigen Konkurrenten schlagen konnte. Die Ergebnisse der restlichen Partien hätte man wieder weitgehend voraussagen können. In der siebenten Runde mußte sich der BSV-Präsident an Tisch 1 dem Tabellenführer Kalinitschew stellen, richtete aber nichts gegen ihn aus, während am Nebentisch der für sein schnelles Spiel gefürchtete Philippe Vu gegen Dawid Janaszak remis machen konnte. An Tisch 3 gelang es Batzaya Ayuash, den deutlich stärkeren Gerhard Lüders zu schlagen. So waren einige wichtige Weichen für die Endabrechnung gestellt worden.

Wenn man eine gute Plazierung anstrebt, ist es beim Schweizer System besonders wichtig, in den letzten beiden Runden noch einmal alles zu zeigen. So sollten die Zeichen also an vielen Brettern auf Kampf stehen. Batzaya Ayush hatte sich das offenbar zu Herzen genommen und trotzte an Tisch 1 Sergej Kalinitschew ein Remis ab, und an Tisch 2 mußte René Stern gegen Dawid Janaszak ebenfalls einen halben Punkt abgeben. An Tisch 11 gab es mit dem Sieg von Paul Kohlstadt-Erlebach einen Überraschungssieg gegen den starken SKT-Spieler Hartmut Grabinger, den dieses Ergebnis in der Gesamtwertung weit zurückwarf, zumal er auch in der letzten Runde nicht über ein Remis gegen Günther Kampf hinauskam. In dieser neunten Runde konnte Andreas Vollak an Tisch 3 Dawid Janaszak schlagen und ihm einen der vordersten Ränge verwehren. Den besten SKT-Spieler André Buttkus hat der Verlust gegen Ulrich Lindner ebenfalls eine wesentlich bessere Plazierung gekostet.

Sergej Kalinitschew hatte bereits nach der achten Runde einen uneinholbaren Vorsprung von 1½ Punkten und stand damit vorzeitig als Sieger fest. Mit dem Gewinn in der Schlußrunde errang er 8½ Punkte und erhielt den Wanderpokal des Bezirksverordnetenvorstehers, eine Urkunde und den ungeteilten ersten Preis. Den Pokal hat er nun das zweite Mal in Folge gewonnen und kann ihn im nächsten Jahr endgültig erringen, falls er wieder dabei ist und das Turnier auch gewinnt. Den ebenfalls ungeteilten zweiten Platz belegte René Stern mit 7 Punkten und einem halben Punkt Vorsprung vor Gerhard Lüders, Andreas Vollak und Werner Koch. Letzterer wurde damit auch bester Ungesetzter und bester Senior und ist als Schatzmeister des Berliner Schachverbandes einer der wenigen Funktionäre, die auch als Schachspieler hochaktiv sind, bei den meisten anderen Funktionären kommt das praktische Spiel im Laufe der Zeit dagegen doch etwas ins Hintertreffen. Den fünften Platz der Gesetzten erreichte mit 6 Punkten auf dem sechsten Rang Dawid Janaszak.

Zweitbester Ungesetzter wurde mit dem neunten Rang der Gesamtwertung Heinz Großmann, übrigens auch ein Senior. Es folgten Enzo Rossi, Kiany-Farhad und Dr. Rainer Pischner mit je 5½ Punkten auf den Rängen 14, 17 und 18. Die beiden besten Jugendlichen waren Dominik Röpke und Keneth Nazareth auf den Rängen 15 und 19 mit ebenfalls je 5½ Punkten. Da die tatsächlich besten Senioren die höheren Preise als Ungesetzte bekommen hatten, fielen die beiden Seniorenpreise an Georg Ehrmann und Dr. Wilmar Lukas auf den Rängen 16 und 21, auch diese beiden Spieler erreichten je 5½ Punkte. Das Rennen bei den Damen machte Ulla Klevenow mit 4 Punkten auf Rang 42. Heide Ketterling und Heike Eggeling lagen einen halben Punkt dahinter auf den Rängen 46 und 47 und teilten sich friedlich und freiwillig den zweiten Damenpreis. Unter den übrigen Spielern wurden noch insgesamt zwanzig vom Schirmherrn, dem Sponsor und dem Vorsitzenden gestiftete Sachpreise verlost, so daß weit mehr als die Hälfte aller Teilnehmer den Turniersaal nicht mit leeren Händen zu verlassen brauchte.

Vorbildlich verhielt sich Ulrich von Schöning, der schon zum Turnierbeginn ankündigte, daß er sich für die achte Runde entschuldigen müsse und selbstverständlich auch den kampflosen Partieverlust in Kauf nähme. Außerdem hat eine Reihe von Spielern sowohl FIDE-Elo-Zahlen, als auch Deutsche Wertungszahlen (DWZ), FVS-Elo-Zahlen oder beides. In der Tabelle ist für jeden Spieler die FIDE-Elo-Zahl aufgeführt, sofern er eine hat, sonst die DWZ. Gibt es keine von beiden, so wird die FVS-Elo-Zahl genannt, ist auch diese nicht vorhanden, so wurde die Selbstauskunft des Spielers zugrunde gelegt, wenn er ein anderweitig erworbene Wertungszahl hat.

Abschlußtabelle

Pl Name Verein S R V Pkte Bu.
 1 GM Kalinitschew, Sergej G SC Kreuzberg 8 1 0 8,5 54
 2 IM Stern, René G SK Tegel 6 2 1 7 52,5
 3 FM Lüders, Gerhard GS BSC Rehberge 6 1 2 6,5 51,5
 4 Vollak, Andreas G SC Empor Potsdam 6 1 2 6,5 49
 5 Koch, Werner US Spandauer SV 6 1 2 6,5 48,5
 6 FM Janaszak, Dawid G SG Lasker Steglitz 5 2 2 6 53,5
 7 Ayush, Batzaya H Berolina 5 2 2 6 50,5
 8 Poseck, Steffen H SC Rotation Pankow 5 2 2 6 50,5
 9 Großmann, Heinz US BSC Rehberge 5 2 2 6 46,5
10 Lindner, Ulrich G SC Weiße Dame 6 0 3 6 42
11 Dr. Kribben, Matthias GE SC Zitadelle Spandau 4 3 2 5,5 53
12 Buttkus, André G SK Tempelhof 5 1 3 5,5 49,5
13 Vu, Philippe H 5 1 3 5,5 49
14 Rossi, Enzo US SC Weiße Dame 4 3 2 5,5 48,5
15 Röpke, Dominik UJ Schwarz-Weiß Lichtenrade 5 1 3 5,5 47
16 Ehrmann, Georg US 4 3 2 5,5 45,5
17 Kiany-Farhad U 5 1 3 5,5 45,5
18 Dr. Pischner, Rainer US Umweltbundesamt 4 3 2 5,5 44,5
19 Nazareth, Kenneth UJ SK Tegel 5 1 3 5,5 42,5
20 Zeidler, Uwe U 4 3 2 5,5 42,5
21 Dr. Lukas, Wilmar US Laker Steglitz-
Wilmersdorf
5 1 3 5,5 40
22 Friedrich, Wiede HJ USV Potsdam 3 4 2 5 45
23 Kohlstadt-Erlebach, Paul US SK Tempelhof 4 2 3 5 44,5
24 Andreas, Karsten H PSV Mitte 5 0 4 5 41
25 Ketterling, Hans-Peter US SK Tempelhof 3 4 2 5 40,5
26 Martens, Rolf US BSG Alcatel/SEL 4 1 4 4,5 44,5
27 Rex, Tobias U USV Potsdam 4 1 4 4,5 44
28 Grabinger, Hartmut H SK Tempelhof 3 3 3 4,5 43
29 Kampf, Günther H Sfr. Berlin 2 5 2 4,5 42
30 Nietsch, Horst G SG Weißensee 4 1 4 4,5 41,5
31 Küster, Manfred U SW Neukölln 4 1 4 4,5 40
32 Jendrossek, Hans US Schwarzer Springer Schmargendorf 4 1 4 4,5 39
33 Korell, Peter U 4 1 4 4,5 38,5
34 Hadlich, Roland US SK Tempelhof 4 1 4 4,5 38
35 Schulz, Manfred US SK Tempelhof 4 1 4 4,5 37
36 Klevenow, Hellmut US SV Königsjäger
Süd-West
3 3 3 4,5 36,5
37 Berndt, Karsten U SC Rotation Pankow 3 2 4 4 43
38 Bockelmann, Rolf U 4 0 5 4 42,5
39 Gmerek, Henning U SK Tempelhof 3 2 4 4 37,5
40 Linkermann, Walter U BSG Alcatel/SEL 3 2 4 4 37,5
41 Marx, Andreas U Sfr. Berlin 4 0 5 4 37
42 Klevenow, Ulla UD SK Tempelhof 2 4 3 4 36
43 Traeger, Joachim US SK Tempelhof 3 2 4 4 29,5
44 Franke, Klaus US SK Tempelhof 2 3 4 3,5 39
45 Mahlkow, Hartmut USE BSG Schering 3 1 5 3,5 37
46 Ketterling, Heide USD SK Tempelhof 3 1 5 3,5 36
47 Eggeling, Heike UD SVg Humboldt/
Wedding
3 1 5 3,5 33,5
48 von Schöning, Ulrich U BSG Volksbank 3 1 5 3,5 32,5
49 Dr. Sampels, Michael U SC EPA Berlin 2 3 4 3,5 31
50 Lippianowski, Stefan U 3 1 5 3,5 30,5
51 Paris, Gerhard U TSG Oberschöneweide 2 2 5 3 36
52 te Brake, Christofer UJ SC Rotation Pankow 3 0 6 3 28
53 Linkermann, Lars UJ 2 2 5 3 28
54 Webner, Florian UJ SC Rotation Pankow 2 2 5 3 27,5
55 Gill, Horst U SK Tegel 1 3 5 2,5 33.0
56 Bonk, Michael U 2 1 6 2,5 29,5
57 Höppner, Sabine-Ines UD SK Tempelhof 2 0 7 2 26,5

D = Dame E = Ehrengast G = gesetzt H = gesetzt, halbes Startgeld
J = Jugendlicher S = Senior U = ungesetzt

Hierzu noch eine kleine Denksportaufgabe: GM Sergej Kalinitschew verfügt über drei Wertungszahlen, nämlich FIDE-Elo 2499, DWZ 2428 und FVS-Elo 2447, welche ist die richtige? Die Antwort ist ganz einfach die, daß alle drei Zahlen stimmen, man muß sie nur als das interpretieren, was sie wirklich sind, nämlich nichts anderes als ein Maß für die in den verschiedenen Organisationen erzielten Turniererfolge. Nichtsdestotrotz wäre es wünschenswert, wenn die Idee der FIDE, zu einheitlichen FIDE-Elo-Zahlen für alle Spieler zu kommen, tatsächlich realisiert werden würde. Noch ein Kuriosum: Die Ermittlung der DWZ im BSV liegt in den selben Händen, wie die Bearbeitung der FVS-Elo-Zahlen, aber Doppelspieler haben regelmäßig zwei verschiedene Zahlen; mal ist die eine höher, dann wieder die andere, und das kann im Laufe der Zeit durchaus wechseln, der Verfasser dieser Zeilen ist ein langjähriges Beispiel dafür. Könnte man diese Zahlen nicht auch zusammenführen?

Für die reibungslose Turnierdurchführung sorgte mit dem ehemaligen SKT-Jugendwart Carsten Staats und SKT-Spielleiter Tim Rademacher wieder ein erfahrenes Team. Für den Fall der Fälle wurde vor Turnierbeginn ein aus drei der Turnierteilnehmer bestehendes Schiedsgericht gewählt, nämlich Dr. Matthias Kribben, Hartmut Mahlkow und René Stern, das aufgrund mangelnden Anlasses jedoch nicht tätig zu werden brauchte.

Wie gewöhnlich war auch diesmal wieder für ein preiswertes Büffet gesorgt, das neben Kaffe, Tee und verschiedenen kalten Getränken belegte Brötchen, Bouletten, Würstchen, Kartoffelsalat, Kuchen und Süßigkeiten zum Selbstkostenpreis bereithielt und von einigen SKT-Damen und Karola Mahlkow, der Frau des FVS-Chefs, betreut wurde. Die Damen hatten zudem Kuchen, Kartoffelsalat und Bouletten nicht nur selbst zubereitet, sondern freundlicherweise auch gestiftet.

Der Vorsitzende hatte wie auch in den Vorjahren alle Turnierteilnehmer darum gebeten, interessante Partien zur Verfügung zu stellen. Wie üblich fand das jedoch nur geringen Widerhall, ausgenommen zwei Spieler, die ihre Verlustpartien als Beispiel für besseres gegnerisches Spiel bzw. einen kurzzügigen Reinfall zur Verfügung gestellt haben. Die erste Partie wurde in der dritten Runde gespielt und endet mit einem eleganten Damenopfer.

Andreas Vollak (Elo 2109) – Sergej Kalinitschew (Elo 2499)
Holländische Verteidigung (A 85)

[img_assist|nid=93|title=Stellung nach 22… Te5|desc=|link=none|align=left|width=200|height=200]1.d4 e6 2.c4 f5 3.Sf3 Mit 3.Sc3 könnte Weiß auch in die Rubinstein-Variante einlenken. 3… Sf6 4.Sc3 b6 Laut Euwe und Enzyklopädie könnte 4… Lb4 auch schon hier geschehen. In der Eröffnungsphase dieser Partie waren ohnehin verschiedene Zugumstellungen und Übergänge möglich. 5.Lf4 Diese Antwort folgt normalerweise auf 4… d5. 5… Lb7. 6.e3 Lb4 7.Le2 Lxc3+ Schwarz gibt den Läufer, um dem Weißen die Zentrumskontrolle zu erschweren, er selbst drückt mit seinem weißfeldrigen Läufer darauf. 8.bxc3 0-0 9.0-0 d6 10.Sd2 Sbd7 11.f3 De7 12.Dc2 e5 Der Nachziehende wird nicht nur im Zentrum aktiv, sondern will auch die ungünstige Stellung des gegnerischen schwarzfeldrigen Läufers zum Raumgewinn nutzen. 13.Lg5 h6 14.Lxf6 Weiß muß das Läuferpaar aufgeben, der Rückzug nach h4 würde nur weitere Bauernvorstöße provozieren, und auch schon davor wäre der Läufer auf g3 nicht vor weiteren Anrempelungen sicher gewesen. 14… Txf6 15.e4 exd4 16.cxd4 Das weiße Bauernzentrum sieht optische sehr gut aus, wird aber sofort unterminiert. 16… c5 17.d5 f4 Schwarz hat das Zentrum abgeschlossen, um Angriffsmöglichkeiten gegen den feindlichen König zu bekommen, ohne daß dem Weiß im Zentrum entgegentreten kann, er versucht es deshalb notgedrungen auf dem anderen Flügel. 18.a4 a5 19.Tab1 Tg6 20.Kh1 Te8 21.Tg1 Dh4 22.Sf1 Te5 Weiß will für den Turm zwei Figuren und einen Bauern, das bekommt er auch, hat aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht, weil er die Gefahr, in der sein König schwebt, und die Turmbatterie, die Schwarz nun aufbaut, nicht ernst genug nimmt. 23.Tb3 Lc8 24.Db2 Teg5 25.Txb6 Sxb6 26.Dxb6 Df2! Nun kann Schwarz zum entscheidenden Schlag ausholen, zuvor läßt er seelenruhig den Weißen die Lockspeise verschlingen. 27.Dd8+ Kh7 28.Dxc8 Weiß hat zwar sein Ziel erreicht, müßte jedoch den Läufer zurückgeben, den Schwarz allerdings verschmäht und statt dessen dreizügig matt setzt: 28… Dxg1+ Das ließ sich Weiß nicht mehr zeigen und warf das Handtuch. 0 – 1

Die zweite Partie entstammt der Schlußrunde und zeigt, wie man mit einer Standardkombination vernichtet werden kann, wenn man einen Augenblick unachtsam ist.

Heinz Großmann (DWZ 1900) – Paul Kohlstadt-Erlebach (DWZ 1964)
Aljechin-Verteidigung, Moderne Variante (B 05)

[img_assist|nid=94|title=Stellung nach 9.Te1|desc=|link=none|align=right|width=200|height=200]1.e4 Sf6 2.e5 Sd5 3.d4 d6 4.Sf3 Lg4 5.Le2 dxe5 Schon bei Euwe steht, daß dieser Zug nicht gut ist, der Schwarze spielt jedoch standardmäßig die Aljechin-Verteidigung, sollte also die lauernden Gefahren gut kennen. 6.Sxe5 Lxe2 7.Dxe2 Es drohen 8.Db5+ und Df3. 7… c6 Euwe hält diesen Zug wegen 8.Df3 Sf6 9.Db3! für unzureichend, und Bagirow schließt sich diesem Urteil an. 8.0-0 e6 9.Te1 Jetzt müßten alle Alarmglocken schrillen, aber Schwarz sieht die Drohung nicht und glaubt den Se5 befragen zu können. 9… Sd7? 10.Sxf7 Schon ist alles vorbei, denn 10… Kxf7 verbietet sich wegen sofortigen Matts, und auf einen Damenzug bekommt der Anziehende die Qualität, einen Bauern und obendrein auch noch die bessere Stellung. Schwarz gab deshalb auf. 1 – 0

Wie schon in den Vorjahren ließ sich der Schachklub Tempelhof auch dieses Turnier etwas kosten, denn die Startgelder decken nur einen Teil der ausgelobten Preise, von den Kosten für die Werbung gar nicht zu reden. Dahinter steht die nicht unberechtigte Hoffnung, den SKT durch solche Sonderveranstaltungen für neue Mitglieder attraktiv zu machen. Der in diesem Jahr anläßlich des Jubiläums erhöhte Preisfonds konnte allerdings nur durch einige großzügige Spenden realisiert werden, für die den ungenannt bleiben wollenden Spendern an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt sei. Außerdem wurden drei der Geldpreise nicht abgeholt, ein Novum bei diesem Turnier. Dr. Rainer Pischner hatte noch einen anderen Termin und stiftete seinen fünften Preis der ungesetzten Spieler dem SKT, und die beiden Seniorenpreise konnten ebenfalls nicht vergeben werden, da Georg Ehrmann und Dr. Wilmar Lukas die Siegerehrung nicht mehr abgewartet hatten. Das Loch in der SKT-Kasse ist deshalb immerhin um 100 Euro kleiner ausgefallen als gedacht.

Beim Abschied bedankte sich der SKT-Vorsitzende beim Schirmherrn und dem Sponsor für das freundlicherweise zur Verfügung gestellte Casino und die Sachspenden, bei allen Helfern für ihre Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung und bei den Spielern für die disziplinierte Turnierabwicklung. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß allen das Turnier gefallen haben möge, lud sie für Sonntag, den 20. Mai 2007 zur Mitgliederwerbeveranstaltung „Schach im Rathaus“ und am Wochenende des 29. und 30. September 2007 zum 7. Gulweida-Warneyer-Gedenkturnier wieder in das Rathaus Schöneberg ein und wünschte allen einen guten Heimweg.

Hans-Peter Ketterling

Fotos: HK = Heide Ketterling; HPK = Hans-Peter Ketterling