Die echten Türken – Schachautomaten, die ihre Steine selbst setzen

Die echten Türken – Schachautomaten, die ihre Steine selbst setzen

Von Hans-Peter Ketterling

Es heißt zwar Schachspiel, aber Schach ist ganz eindeutig mehr als ein Spiel. Es hat spielerische, künstlerische, kampfbetonte und wissenschaftliche Elemente, und das Spielen von Schachpartien wird heute von vielen Menschen als Hobby oder professionell als Spiel oder Sport betrieben. Eine künstlerisch-schöpferische Beschäftigung mit dem Schachspiel erfolgt insbesondere auf den Gebieten der Problem- und Studienkomposition. Seit Jahrhunderten wird das Schachspiel aber auch mit mathematisch-wissenschaftlichen Methoden untersucht, und die Ergebnisse haben sich nicht nur in der modernen Spielführung von Turnierschachpartien, sondern auch in einer überaus reichhaltigen Literatur niedergeschlagen. Zudem sind Schach und Informatik in Gestalt des Computerschachs seit einigen Jahrzehnten eine neue Verbindung eingegangen, so daß sich inzwischen jedermann zu erschwinglichen Preisen einen Schachcomputer oder ein Schachprogramm für seinen PC leisten kann.

Interessanterweise haben fast alle überragenden Pioniere der Rechnertechnik nicht nur die Berechnung von allerlei praktischen Aufgaben im Sinn gehabt, wobei der Maschine umfangreiche Arbeiten zugedacht waren, die sie viel schneller und genauer bearbeiten sollte als Menschen das mit Stift und Papier können, sondern sich auch für die Anwendung von Rechenmaschinen auf Probleme interessiert, von denen man lange glaubte, daß ihre Lösung der menschlichen Intelligenz vorbehalten sei. Während Wilhelm Schickhard (1592 – 1635) und Blaise Pascal (1632 – 1662) lediglich zum Ziele hatten, vielfach in ähnlicher Form stumpfsinnig zu wiederholende Rechnungen zu automatisieren1, dachte schon Gottfried Wilhelm Leibnitz (1646 – 1716), der unter anderem das der heutigen Rechnertechnik zugrunde liegende Dualzahlensystem erfand, daran, Rechenmaschinen nicht nur für mechanische Rechenarbeit einzusetzen2, und bald darauf wurde das Schachspiel als Beispiel für intelligente Problemlösung ausgemacht. In der Tat stammt der erste rudimentäre Schachalgorithmus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts von Charles Babbage (1791 – 1871), der als erster versuchte, einen mechanischen Rechner zu bauen, der alle wichtigen Grundbestandteile eines modernen Computers aufweisen sollte.3 Später haben sich dann neben anderen der spanische Gelehrte, Ingenieur und Erfinder Torres Quevedo (1852 – 1936), der englische Mathematiker Alan M. Turing (1912 – 1954), der die Frage ob Computer intelligent seien oder nicht mit dem nach ihm benannten Test zu untersuchen vorschlug4, der amerikanische Mathematiker und Physiker John von Neuman (1903 – 1957), auf den das Konzept moderner Universalcomputer und wesentliche Beiträge zur Spieltheorie zurückgehen5, der deutsche Rechnerpionier Konrad Zuse (1910 – 1995)6, der amerikanische Mathematiker und Nachrichtentechniker und Begründer der Informationstheorie Claude E. Shannon (1916 – 2001), der 1949 bahnbrechende Ideen zur Schachprogrammierung publizierte7, der Schöpfer der Kybernetik Norbert Wiener (1894 – 1964)8, der Schachweltmeister Max Euwe (1901 – 1981), der sich mit der Schachprogrammierung als Vorstudie zur maschinellen Sprachübersetzung befaßte9, und der Elektroingenieur und Schachweltmeister Michail Botwinnik (1911 – 1995), der einen künstlichen Schachspieler auf Meisterniveau anstrebte10, mit Überlegungen zur Künstlichen Intelligenz und speziell zum maschinellen Schachspielen befaßt und mehr oder minder vollständige Schachalgorithmen geschrieben und teilweise auch realisiert.11

Am Anfang der tatsächlichen Verwirklichung schachspielender Maschinen steht jedoch der 1769 in Wien am Hofe der österreichisch-ungarischen Kaiserin Maria Theresia von einem ungarischen Adligen, dem Hofrat Johann Wolfgang von Kempelen (1734 – 1804) vorgestellte legendäre Türke, eine an einer truhenartigen Kommode sitzende etwa lebensgroße Puppe in orientalischer Tracht, die meisterlich Schach spielte und dabei mit der linken Hand ihre Figuren selbst setzen konnte. Indes war diese Schachmaschine „getürkt“12. Von Kempelen erweckte vor den Vorstellungen durch trickreiches sequentielles Zeigen einzelner Bereiche des Inneren, wobei eine komplizierte Maschinerie sichtbar wurde, wesentliche Teile aber nicht zu sehen waren, ohne daß dies auffiel, den Eindruck, daß sich niemand darin verbergen könne, so daß für das Publikum der Schluß nahe lag, daß es sich um eine aus eigener Kraft spielende und rein mechanisch arbeitende Maschine handeln müsse.13 Dennoch war in ihrem Inneren ein starker Schachmeister verborgen, was kritische Beobachter sogleich vermuteten, ohne jedoch dahinter zu kommen, wie das möglich sei. Erst Jahrzehnte später wurde das Geheimnis des Türken aufgedeckt.14 Nach langer und wechselvoller Geschichte verbrannte er schließlich 1854 im Chinese Museum in Philadelphia, und die beiden später gebauten ähnlichen Automaten Ajeeb und Mephisto erlitten ähnliche Schicksale.15 Um die verschiedenen Hypothesen über die genaue Wirkungsweise des Türken zu verifizieren oder falsifizieren stellte John Gaughan nach achtzehnjähriger Arbeit und mehreren Anläufen 1989 in Los Angeles eine sehr genaue Rekonstruktion des legendären Türken fertig, und seit 2004 zeigt das Heinz Nixdorf Museum in Paderborn einen weiteren arbeitsfähigen Nachbau.16 Von Kempelens später oft mit dem Türken zusammen gezeigte Sprechmaschine ist das andere seiner vielen Werke, dessen Grundidee nicht nur die Jahrhunderte überdauert hat, sondern heutzutage mit der elektronischen Sprachsynthese vielfältige praktische Anwendungen gefunden hat.

[img_assist|nid=55|title=Torres Quevedos zweiter Schachautomat von 1920 und ein Vorseriengerät des Mephisto von 1980|desc=
(Foto: H.-P. Ketterling, Madrid 1981)|link=none|align=center|width=300|height=226]

Die ersten echten Schachautomaten wurden dann von dem Spanier Leonardo Torres Quevedo gebaut, der damit zeigen wollte, daß eine maschinelle Vorrichtung nicht nur spieluhrartig immer dieselben Abläufe reproduzieren kann, sondern auf unterschiedliche Situationen und äußere Einflüsse angemessen und in verschiedener Weise reagieren kann. Er hat diese Erkenntnis bei Torpedosteuerungen und verschiedenen technischen Anwendungen praktisch genutzt. Die Arbeit an seinem ersten Schachautomaten Ajedrecista begann er bereits 1890, stellte ihn aber erst 1912 fertig. 1920 vollendete er eine zweite, komfortablere Maschine Nuevo bzw. Segundo Ajedrecista, die Bild 1 zusammen mit einem Vorseriengerät des ersten deutschen Schachcomputers Mephisto zeigt, einem einfachen 1980 der Firma Hegener + Glaser herausbrachten Tastengerät.17

Mit den damaligen Mitteln war die Realisierung einer Schachmaschine, die eine komplette Partie spielen kann, noch völlig illusorisch. Torres Quevedo begnügte sich deshalb mit einem Automaten, der die Mattführung im Endspiel König und Turm gegen den König aus beliebiger Stellung beherrschte. Das löste er mit einer einfachen Relaislogik, allerdings war der zugrunde liegende Algorithmus suboptimal, denn aus den ungünstigsten Stellungen benötigte die Maschine nämlich etwas über 60 Züge, was gemäß der 50-Züge-Regel nur remis ist. Bei optimalem Spiel sind für dieses Endspiel je nach Ausgangsposition jedoch nur maximal sechzehn Züge erforderlich. Seine beiden Figuren König und Turm konnte der Automat selbst bewegen, das bewerkstelligte er unterhalb des Brettes mit einer Kreuzschienenführung, die einen Elektromagneten führte, dessen Anziehungskraft die Figuren auf dem Brett dahingleiten ließ. Die Position des Königs des Spielers wurde vom Automaten durch das Schließen elektrischer Kontakte durch diese Figur erkannt. Außerdem konnte der Automat mittels einer grammophonartigen Apparatur „Jaque al rey“ (Schach dem König) sagen.18

Der Chess Challenger, der erste kommerzielle mikroprozessorgesteuerte Schachcomputer, der eine komplette Partie spielen konnte, wenn auch nur auf Anfängerniveau, wurde in den USA von der amerikanischen Firma Fidelity Electronics patentiert und bereits 1977 herausgebracht. Bei ihm muß man die Züge über eine Tatstatur eingeben und der Computer gibt die seinen über eine Anzeige aus. Auf dem Computer befindet sich ein kleines Schachbrett, kurioserweise mit vertauschten Linien- und Reihenbezeichnungen, auf dem man die zugehörigen Figuren für die eigenen Züge und die des Computers selbst setzen muß. Spätere Geräte arbeiten ebenfalls mit Tatstatur und Anzeige und ähneln Taschenrechnern. Bald folgten jedoch auch Geräte mir Sensorbrettern, auf denen man direkt spielen kann, die Züge des Computers muß aber der Spieler selbst ausführen, sie werden ihm über Leuchtdioden oder eine Anzeige und bei einigen Geräte sogar zusätzlich über eine Sprachausgabe mitgeteilt.19

[img_assist|nid=56|title=Der 1982 erschienene Chess Robot Adversary|desc=
(Foto: H.-P. Ketterling, Berlin 2006)|link=none|align=center|width=300|height=215]

Das änderte sich erst 1982 mit dem Chess Robot Adversary des Honkonger Unternehmens Novag, der seine Figuren mit einem mit mehreren Gelenken versehenen Arm und einer dreifingrigen Hand auf einem Magnetsensorbrett setzen und auch Schach auf gutem Amateurniveau spielen kann. Nach der Partie baut er die Grundstellung wieder auf und kann auch beliebig lange automatisch gegen sich selbst spielen. Eines dieser Geräte hat 1983 im Berliner Schachladen Elektroschach ungefähr ein Vierteljahr ununterbrochen im Schaufenster gegen sich selbst gespielt und etwa alle drei Minuten einen Zug gemacht. Allerdings war mit dem Boris Handroid der amerikanischen Firma Applied Concepts bereits 1980 eine ähnliche Maschine vorgestellt worden, die jedoch nie in Serie ging.20

[img_assist|nid=57|title=Milton aus dem Jahr 1983|desc=
(Foto H.-P. Ketterling, Berlin 2006)|link=none|align=center|width=300|height=181]

Torres Quevedos Prinzip der Figurenbewegung durch eine Kreuzschienenführung und einen Elektromagneten wurde dann 1983 mit dem Grandmaster des amerikanischen Spieleherstellers Milton Bradley aufgegriffen, der in Deutschland schlicht Milton hieß. Die Züge des Spielers stellte er dadurch fest, daß das Spielbrett druckempfindlich war. Auch dieser Automat konnte nach der Partie die Grundstellung der Schachfiguren wieder aufbauen und automatisch viele Partien hintereinander gegen sich selbst spielen. Sein Programm war schwächer als das des Robots und nur für Amateure geeignet.

Die Hardware des Milton wurde schließlich 1988 von Fidelily International, einem Nachfolgeunternehmen von Fidelity Electronics, als Phantom mit einem besseren Programm herausgebracht, das auch stärkere Vereinsspieler das Fürchten lehren kann. Dieses Gerät war in Deutschland 1991 auch von Hegener + Glaser mit der Bezeichnung Mephisto Phantom zu haben. Fidelity International hat den Automaten im selben Jahr zusätzlich mit einer Sprachausgabe versehen, die von Kempelens kühnste Träume von möglichen Verbesserungen seiner Sprechmaschine weit übertrifft, und Phantom Chesster genannt. Ebenfalls 1991 wurde eine zusätzlich mit Bewegungssensoren und zwei als Augen fungierenden grünen Leuchtdioden ausgestattete Version gleichen Namens herausgebracht. Steht dieser Schachcomputer eingeschaltet auf dem Tisch und man geht nach einer längeren Pause daran vorbei, so stellt er das mit seinen Sensoren fest, blinkt mit seinen „Augen“ und animiert einen mit der Frage „Do you want a game?“ zu einer Partie.

Der jüngste Schachroboter ist der von Excalibur Electronics, einer weiteren Nachfolgerin von Fidelity Electronics, entwickelte und 1997 erschienene Mirage. Er arbeitet ebenfalls nach dem Prinzip des Milton, hat jedoch weder Stimme noch Augen oder Bewegungssensoren und ist auch etwas kleiner. Sein Programm ist im Gegensatz zu starken PC-Programmen, die heute selbst Meisterspieler in Verlegenheit bringen können, nur für den Hausgebrauch geeignet. Sein schon seit Jahren angekündigter verbesserter Nachfolger ist bisher jedoch weder vorgestellt noch herausgebracht worden; die kurze Ära der kommerziell verfügbaren Schachcomputer, welche die Figuren selbst setzen können, scheint wohl endgültig passé zu sein.21

Trotz der bisherigen zahlreichen Versuche und der inzwischen erreichten Spielstärke – starke Schachprogramme und Schachspezialrechner sind unter Turnierbedingungen von Großmeistern und selbst dem Schachweltmeister kaum noch zu schlagen – konnten wesentliche Probleme der Schachprogrammierung bis heute nur ansatzweise oder überhaupt nicht gelöst werden. Bei konkreten Variantenberechnungen und im taktischen Kombinationsspiel sind die besten Rechner dem Menschen inzwischen überlegen; die Eröffnung wird mittels ausgedehnter Eröffnungsbibliotheken sehr gut gemeistert, Endspiele mit nicht zu vielen Steinen werden mit Hilfe von Endspieldatenbanken perfekt gespielt, und auch im Positionsspiel, das vor allem in Mittelspielsituationen ohne forcierte Zugfolgen von großer Bedeutung ist, wurden deutliche Fortschritte erzielt. Strategische Spielführung ohne genau festgelegte Zugfolgen mit selbständigem Auffinden und Durchführen langfristiger Pläne, die über die maximal mögliche Rechentiefe hinausgehen, das ist die Zugzahl, bis zu der Rechner in einer vorgegebenen Zeitspanne vordringen können, ist bisher noch genauso Utopie wie das echte selbständige auf der Generalisierung von konkreten Sachverhalten beruhende Lernen, das nichts mit dem simplen Abspeichern bereits vorgekommener identischer Situationen zu tun hat. Kurz gesagt ist der Rechner dem Menschen im Schach heute bei der Berechnung forcierter Zugfolgen mit begrenzter Tiefe überlegen, bei langfristiger Planung und strategischer Partieführung dominieren jedoch noch immer menschliche Meisterspieler. Die inzwischen erreichte etwa gleiche Spielstärke der stärksten Schachprogramme und der besten menschlichen Spieler beruht also auf der Kombination von in beiden Lagern unterschiedlich gut ausgeprägten Elementen der Spielführung.

Die noch immer bestehenden Schwächen der Schachprogrammierung und anderer Gebiete der Künstlichen Intelligenz werden wohl erst beseitigt werden können, wenn Lernen und Problemlösen als echte Intelligenzleistungen bei Rechnern realisiert werden. Bisher kann so verstandene Intelligenz auf Rechnern nur simuliert werden, sie ersetzen intelligentes Vorgehen nach dem Prinzip „dumm, aber fleißig“ durch schlichtes Absuchen des Problemraumes, was bei umfangreicheren Problemen sehr rechenintensiv wird und schnell an die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Rechner führen kann. Der rapide Fortschritt der Rechnertechnik wirkt in dieser Beziehung eher kontraproduktiv; weil nämlich eine steigende Anzahl von Problemen verschiedenster Art durch bloßes Durchrechnen aller Möglichkeiten erledigt werden kann, ist der Anreiz gering, sich der unsäglichen Mühe der Entwicklung wirklich intelligenter Verfahren zu widmen, wie es beispielsweise A. Newell, J. C. Shaw und H. Simon 1957 mit dem General Problem Solver versuchten.22 Den ersten und auch einigen späteren Schachprogrammen (u. a. M. Botwinnik von den Sechzigern bis in die Siebziger – Pionier und Sapiens, T. Nitsche Anfang der Achtziger – Orwell und Mephisto III) hat man versucht intelligentes Schachspielen beizubringen, durchgesetzt haben sich jedoch (leider) verfeinerte Ansätze des Prinzips, alle möglichen Zugfolgen so tief wie es geht durchzurechnen (Brute Force-Methode), womit es der Schachmaschine Deep Blue immerhin bereits 1997 gelungen ist, den Schachweltmeister Garry Kasparow in einen Wettkampf über sechs Partien durch Gewinn der letzten Partie knapp zu schlagen23, was ungeachtet der obigen Argumente von vielen als das Ende der Dominanz des Menschen im Schach über den Computer angesehen wird.24

Neben den inzwischen nahezu unzähligen Schachcomputern und Schachprogrammen für Heimcomputer, PCs, Lap- und Palmtops, Spielkonsolen und dergleichen gibt es nur acht verschiedene in Serie hergestellte Schachmaschinen, die Ihre Figuren selbst setzen können. Obwohl die Schachkünste dieser „echten Türken“, die seinerzeit jedermann für einen halbwegs erschwinglichen Preis kaufen konnte, begrenzt sind, geht von ihnen eine nicht versiegende Faszination aus. Der in dieser Ausstellung gezeigte Robot ist gewissermaßen „der König der Schachtürken“.

Hans-Peter Ketterling

1 H. Loeffler, Blaise Pascal 1623-1662, Birkhäuser Verlag, Basel Boston 1987, S. 47 ff.; H. Matis, Die Wundermaschine, Wirtschaftsverlag Carl Ueberreuter, Frankfurt Wien 2002, S. 60 ff.; H. Kaufmann, Die Ahnen des Computers, Econ Verlag, Düsseldorf Wien 1974, S. 151 ff, S.155 f. H. Loeffler, Blaise Pascal 1623-1662, Birkhäuser Verlag, Basel Boston 1987, S. 47 ff.; H. Matis, Die Wundermaschine, Wirtschaftsverlag Carl Ueberreuter, Frankfurt Wien 2002, S. 60 ff.; H. Kaufmann, Die Ahnen des Computers, Econ Verlag, Düsseldorf Wien 1974, S. 151 ff, S.155 f.

2 E. J. Aiton, Leibniz, Insel Verlag, Frankfurt/M., Leipzig 1991, berichtet über die Rechenmaschinen von Leibniz (S. 86, 428 u. 442), seine Erfindung des Binärsystems (S. 301 ff. und 361) und das Rechnen darin (S. 256) sowie das logische Kalkül (S. 40 ff., 170 f. und 303 f.). Loeffler, S. 56 f., geht kurz auf das Verhältnis von Schickard, Pascal und Leibniz ein, und Matis, S. 76 ff., berichtet kurz über die beiden ersten und skizziert dann auch Leibniz‘ Lebenswerk und beschreibt seine Rechenmaschinen.

3 Babbage hat als Beispiel für über das bloße Rechnen hinausgehende Tätigkeiten von Computern auch das Spielen von Gesellschaftsspielen wie Tic Tac Toe, Mühle und Schach angegeben, vergl. B. Mazlish, Faustkeil und Elektronenrechner, Insel Verlag, Frankfurt a. M. Leipzig 1996, S. 210. Babbages Schachalgorithmus findet von sich zusammen mit der Bemerkung, daß er schon damals das Minimax-Prinzip erfunden hatte in A. G. Bell, The Machine Plays Chess?“, Pergamon Press, Oxford/New York 1978. S: 12 f. Mit Über die mathematische Leistungsfähigkeit meiner Rechenmaschine (1837) in B. Dotzler, Babbages Rechen-Automate, Springer-Verlag Wien 1996, S. 265 ff., stellt Babbage selbst die Grundprinzipien seines Rechnerkonzept und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten dar. Matis, S. 105 ff., gibt auch eine guten Überblick über Babbages Lebenswerk und seine Bedeutung für die moderne Rechnertechnik.

4 Beschreibungen von Turings Schachprogramm finden sich u. a. in M. Newborn, Computer Chess, Academic Press, New York San Francisco London 1975. S. 15 ff., in Bell, S. 24 und D. Levy, Chess and Computers, B. T. Batsford, London 1976. S. 42 ff.

5 John von Neumann selbst legt in Die Rechenmaschine und das Gehirn, 4. Aufl., R. Oldenbourg Verlag, München Wien 1980, die Struktur und Arbeitsweise des Gehirns und moderner Computer dar und geht auf deren unterschiedliche Informationsverarbeitung ein. P. E. Ceruzzi würdigt von Neumanns Wirken in Eine kleine Geschichte der EDV, mitp-Verlag, Bonn 2003, S. 48 ff. W. Asprey, John von Neumann and the Origins of modern Computing, The MIT Press, Cambridge/Mass. London 1990, erwähnt kurz v. Neumanns Beiträge zur Spieltheorie (S. 15 f., 116 und 179) und stellt seinen Einfluß auf die Entwicklung moderner Elektronenrechner ausführlich dar. N. Macrae, John von Neumann, Birkhäuser Verlag Basel Boston Berlin 1994, erwähnt die Spieltheorie nur kurz (S. 130 und 134), legt aber von Neumanns sonstiges Wirken ausführlich dar; Kaufmann, S. 167 ff. macht das ähnlich. T. Sandage, The Turk, Walker & Company, New York 2002, S. 225, bzw. Der Türke, Campus Verlag, Frankfurt New York 2002, S. 191, erwähnt kurz, daß von Neumann Möglichkeiten zur Schachprogrammierung erwog.

6 Die in K. Zuse, The Plankalkül, Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung, Band 106, Bonn 1976. S. 201 ff. geschilderten Ideen zur Schachprogrammierung sind von ihm nie realisiert worden. In K. Zuse, Der Computer – Mein Lebenswerk, 3. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, stellt der Autor sein Lebenswerk selbst ausführlich dar und geht auch den Plankalkül und die Schachprogrammierung ein, S. 190 ff. R. Rojas, Die Rechenmaschinen von Konrad Zuse, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1998 würdigt Zuses Verdienste um die moderne Rechnertechnik ausführlich.

7 Eine Einführung in seine Ideen gibt C. E. Shannon in A Chess-Playing Machine in Scientific American, Heft 2/1950, S. 48 ff., der gleiche Artikel findet sich in Games, Musik, and Artificial Intelligence, 1950, S. 104 ff., während der kompletten Überblick in C. E. Shannon, Programming a Computer for Playing Chess, Philosophical Magazine, Vol. 41, No. 314, März 1950, 256 ff., zu finden ist. Shannons Grundideen werden u. a. auch von Bell, S. 21 ff., Newborn, S. 8 ff., und Levy, S. 42 ff., dargelegt.

8 Grundlegende Gedanken zur Spieleprogrammierung äußert N. Wiener, Kybernetik, Econ Verlag, Düsseldorf Wien 1992, S. 242 ff.

9 M. Euwe, Feldherrenkunst im Schach, Walter de Gruyter & Co., Berlin 1970. S. 104 ff.; H.-P. Ketterling, Computerschach gestern, heute, morgen, 2. Aufl., Tempelhofer Schachmosaik, 13. Jahrgang, Nr. 55 März 1979, S. 11.

10 Die ersten wirklich tiefschürfenden Ideen zum Schachspielen auf Meisterniveau stammen von einem Schachweltmeister: M. M. Botvinnik, Computers, chess and long-range planning, Springer Verlag, New York Heidelberg 1970. Ohne je den endgültigen Durchbruch zu erreichen, setzte er seine Arbeit über mehr als zwei Jahrzehnte fort und publizierte das auch: M. M. Botwinnik, Meine neuen Ideen zur Schachprogrammierung, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York 1982. Vergl. auch Ketterling 1979, S. 11.

11 Bell, preface; Ketterling 1979, S. 5 f.; Mazlish, S. 210 ff.

12 Die sprichwörtlich gewordenen „Potemkinschen Dörfer“ bedeuten genau wie „getürkt“ und „einen Türken bauen“, was auf von Kempelens Türken zurückgeht, etwas vortäuschen, Duden, 22. Aufl. Bd. 1, Dudenverlag Mannheim 2000, S. 422, 762 und 986.

13 Der Arm des Türken und die Sprechmaschine, die (teilweisen) Rekonstruktionen der beiden wichtigsten Arbeiten von Kempelens, werden zusammen mit dessen Lebensgeschichte ausführlich in B. Felderer, E. Strouhal, Kempelen – zwei Maschinen, Sonderzahl Verlag (undatiert, etwa 2002), beschrieben und wurden im Juli 2005 im Foyer der Berliner Humboldt Universität in der Ausstellung „Speaking without lips, thinking without brain“ zusammen mit dem Chess Challenger und dem Robot aus der Sammlung H.-P. Ketterling, einer Kurzbeschreibung der Automaten von Torres Quevedo und weiteren Exponaten gezeigt: H.-P. Ketterling, Speaking without lips, thinking without brain, und Die Schachautomaten des Torres Quevedo in Tempelhofer Schachblätter, Nr.120, 40. Jahrgang, September 2005, S. 39 ff., sowie Rochade Heft 11 2005, S. 61. Weitere Beschreibungen des Türken und seiner Geschichte finden sich in Ketterling 1979, S. 3 f.; Levy, S. 1 ff. und Bell, S. 1 ff. R. Löhr, Der Schachautomat, Piper Verlag München 2005, läßt die ersten Jahre des Türken in einem kurzweiligen historische Roman wieder aufleben, der sich in wesentlichen Dingen an belegte Fakten hält und im Anhang auf diese eingeht, S. 405 ff.

14 K. G. von Windisch beschrieb den Türken 1783 als einer der ersten, ohne jedoch dessen genaue Wirkungsweise ergründet zu haben, und einer der frühesten Versuche, das Geheimnis des Türken zu lüften stammt vom Freiherrn J. F. zu Racknitz, der dies 1789 nicht nur mit einer Beschreibung und detaillierten Kupferstichen belegte, sondern auch mit einem Nachbau, vergl. Der Schachautomat des Baron von Kempelen, Harenberg, Dortmund 1983, wo M. Faber zudem das Leben von Kempelens und die Geschichte des Türken zusammenfaßt und auch Ajeeb und die weithin unbekannt gebliebenen Automaten As-Rah und King Fu erwähnt. Eine der bekanntesten und vielfach publizierte Analyse dürfte jedoch E. A. Poe, Maelzels Schachspieler, sein; ebenda und in Künstliche Menschen, Carl Hanser Verlag, München 1971. C. M. Carrol, The Great Chess Automaton, Dover Publications New York 1975, und S. Poldauf, Philidor, Exzelsior Verlag Berlin 2001, S. 106 ff. befassen sich ebenfalls mit der Geschichte des Türken und dem Verschleiern bzw. Aufdecken seiner Arbeitsweise.

15 Diese beiden heute kaum noch bekannten Nachbauten erwähnen Bell, S. 5 f., und Levy, S. 10 ff. Schließlich werden in M. Newborn, S. 5 f., außer dem Türken, Ajeeb und Mephisto noch die Nachbauten des Freiherrn zu Racknitz und der Gebrüder Walker erwähnt. G. M. Levitt, The Turk, Chess Automaton, McFarland & Company, Jefferson London 2000, bietet eine sehr umfangreiche Darstellung des Türken und der Analysen seiner Arbeitsweise, zusammen mit vielen Partien und einer Liste der Schachmeister, die ihn bedient haben. Sandage behandelt nicht nur die Geschichte des Türken und die Analysen seiner Wirkungsweise, sondern geht auch auf von Kempelens Sprechmaschine und Babbages Differenzenmaschine ein.

16 K. Bauermeister, Auferstehung des Türken, in Computerschach und Spiele, Heft 2 April-Mai 2004. S.16 f., Levitt, S. 243 f., Sandage, S. 181 ff.

17 Bell, S. 8 ff.; Levy, S.13, Faber 1983, S. 122-124, H.-P. Ketterling 2005, S. 39 ff. bzw. S. 61. Die beiden Schachautomaten des Torres Quevedo befinden sich in Madrid im Museum der Escuela Tecnica Superior de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos. Bei meinem Besuch 1981 war der ältere Automat völlig demoliert und der hier gezeigte jüngere befand sich zwar in einem guten Zustand, war aber nicht mehr spielfähig.

18 J. G. Santemases, Obras e Inventos de Torres Quevedo, Instituto de España, Madrid 1980. S. 153 ff., ist die wohl beste Quelle hierzu.

19 H.-P. Ketterling, F. Schwenkel, O. Weiner, Schach dem Computer, 2. überarbeitete Aufl., Wilhelm Goldmann Verlag, München 1983, S. 132 und 147 ff.; R. C. Nelson, Electronic Board Game System, US Patent No. 4 235 442, 25. November 1980.

20 Ketterling et al, S. 159 und 191 f.

21 Sammler habe viele Informationen zu Schachcomputern zusammengetragen, beispielsweise K. Kispert, Die Schachroboter, und K. Bauermeister, Schachcomputergeschichte, www.schachcomputer.at (beides undatiert, ca. 1998). Je ein Exemplar des Milton, des MB Grandmaster, des Mephisto Phantom, des neueren Phantom Chesster sowie des Mirage befinden sich in der Sammlung H.-P. Ketterling.

22 P. McCorduck, Denkmaschinen, Markt & Technik Verlag, Haar bei München 1987, S. 107 und 203 ff., Ketterling 1979, S. 7 ff.

23 Dieses sensationelle Ereignis wird in mehreren Publikationen mitsamt Vorgeschichte und Hintergründen ausführlich gewürdigt, allen voran durch den Kopf hinter der Maschine: F.-H. Hsu, Behind Deep Blue, University Press, Princeton 2002. Weitere umfangreiche Darstellungen mit ausführlicher Würdigung der Partien sind M. Newborn, Kasparov versus Deep Blue, Springer-Verlag New York 1997; D. King, Kasparov v Deeper Blue, B. T. Batsford, London 1997, und Kasparow gegen Deep Blue, Joachim Beyer Verlag, Hollfeld 1997; B. Pandolfini, Kasparov and Deep Blue, Fireside New York 1997; D. Goodman, R. Keene, Man versus Machine, H3 Publications Cambridge/Mass. 1997 und schließlich M. Newborn, Deep Blue, Springer-Verlag New York 2003.

24 Das wird von einigen Informatikfachleuten ernsthaft vertreten, die teilweise trotz ausführlicher Beschäftigung damit wohl nicht tief genug in das Wesen des Schachspiels eingedrungen sind, beispielsweise S. McCartney, ENIAC, Walker and Company New York 1999, S. 1 ff. und J. v. d. Herik, The End of an Era, in ICGA Journal Vol. 28, No. 2 Juni 2005, S. 65 ff.