Zu Besuch beim „Oslo Schakselskap“ auch bekannt unter Oslo Chess Society (OSS)

Unser umtriebiger Spielleiter folgt auch in seinem Weihnachtsfamilienurlaub einer engen Auslegung von „Schach ist nicht alles, aber ohne Schach ist alles nichts“, seine Wege führten nach Oslo zu ausgerechnet jener Zeit der Champions Chess Tour (17-21 Dezember 2024), aber lassen wir den Reisenden selbst sprechen:

Ich kann nicht in Oslo sein, ohne einen Schachklub zu besuchen. Am Samstag war das Finale der Champions Schach Tour in Oslo, mit unklaren Zuschauerbedingungen und >= $56,- Eintritt. Die Tour wurde natuerlich von Magnus gewonnen. Uns blieb nur eine private Expedition. Also machten sich Michelle und ich auf und pilgerten am Montag in die Bogstadveien 30, VII. Stock, der Residenz des „Oslo Schakselskap„. Eine Suite von ca 250qm (Schätzung) + Veranda fuer die heissen Tage Oslos, werfen wir also einen Blick hinein.

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Ein Zehntel dieser durchaus respektablen 8-stoeckigen Immobilie an einer Magistrale vergleichbar mit dem Tempelhofer Damm gehoert dem Klub, vermietete Wohnungen sorgen fuer ein stabiles Einkommen. Der Klub wurde 1884 gegruendet und das noble Etablissement fiel ihm in Anschluss an die Olympischen Spiele 1952 in den Schoss. Geoeffnet ist werktaeglich, Jahresbeitrag 1300 Kronen (=€110,-), eine Ueberraschung, denn die Lebensmittel sind hier doppelt so teuer. Was ist nun schachlich passiert ? Gar nichts. Wir waren mit dem Schluesselwart allein. Vorweihnachtszeit und Long Covid auch hier. Magnus kommt manchmal zu Besuch. Der Wart, ein Mitsechziger, hat gegen ihn als Kind gespielt. Die Bilder geben am besten Auskunft ueber die honorige Atmosphaere.

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Die Oslo Chess Society (OSS) ist Norwegens zweitältester Schachklub (der älteste ist die Arendal Chess Society von 1883). Der Verein wurde am 4. Februar 1884 unter dem Namen Christiania Schakselskab hauptsächlich von Mitgliedern des nicht mehr bestehenden Christiania Schakklub gegründet. Der Klub verfügt über eigene, geräumige Räumlichkeiten im Bogstadveien 30, 7. Stock. Der Verein war zeitweise in Norwegen absolut dominant und ist nach wie vor einer der stärksten Vereine des Landes, mit Siegen in der „Eliteserien“ 2011-2012 und der NM für Vereinsmannschaften 2010. Der Verein hatte 2015 183 Hauptmitglieder und 11 assoziierte Mitglieder.

Der Vorstand von Christiania Schakselskab hat einen Brief vom 28. Dezember 1918 Vom Bankier Johs. G. Heftye erhalten, der wie folgt lautet:

„Ich habe der norwegischen Zentralbank heute 50.000 NOK (Norwegische Kronen) überwiesen: NOK 50.000 zu 5½ % in norwegischen Staatsanleihen mit der Bitte, diese Anleihen im offenen Depot von Christiania Schakselsklab zu hinterlegen und die Coupons bei Fälligkeit zur Gutschrift des Unternehmens einzuziehen. Die Quittung der Bank liegt bei. Bei Fälligkeit der Anleihen wird das verbleibende Kapital nach Rücksprache zwischen dem Vorstand des Schachunternehmens und der Zentralbank in andere Anleihen investiert: Staats-, Hypothekenbank- oder Kommunalanleihen, da das Kapital unbeweglich sein muss.

Ich wünsche mir, dass Christiania Schakselskab den Jahreszinsertrag ganz oder teilweise für die Ausrichtung norwegischer, skandinavischer und internationaler Schachkongresse, Turniere und Spiele nutzt; für Turniere und Spiele innerhalb des Schachunternehmens; für Reisekosten der Mitglieder der Schachgesellschaft zu dem oben genannten Zweck; für die Kosten für die Einberufung ausländischer Meister und für die Veröffentlichung einer Schachzeitschrift, für Preise und für andere Zwecke, die für die Verbreitung der Zeitschrift nützlich sind, – entsprechend der Entscheidung des Vorstands.

Sollte Christiania Schakselskab aufgelöst werden, entscheidet die Hauptversammlung, die über die Auflösung entscheidet, wer von der Beteiligung profitiert. Wenn es in Kristiania eine oder mehrere Schachgesellschaften gibt, gehören diese zu einer dieser Gesellschaften, und die ausgewählte Schachgesellschaft übernimmt dann die gleichen Rechte und Pflichten wie oben für Christiania Schakselskab festgelegt.

Ich bitte den ehrenwerten Vorstand, dieses Geschenk als Ausdruck meines Interesses an Christiania Schakselskab und am Schachleben in Norwegen anzunehmen.

Johs. G. Heftye

Durch diese großzügige Spende wurde das Unternehmen im Jahr 1918 zum reichsten Schachklub Norwegens (wenn nicht der Welt). Heftyes Fonds mit eigenem Vorstand verwaltet das Erbe. Das erste Ergebnis der Schenkung war, dass der Klub 1919 erneut mit der Veröffentlichung des Norsk Schakblad als Kluborgan begann. Bis 1922 war das Unternehmen für die Herausgabe verantwortlich.

Die Geschichte des Vereins war viele Jahre lang eng mit dem organisierten Schachleben verknüpft. Gemeinsam mit der Schachgesellschaft von Göteborg, der Schachgesellschaft von Kopenhagen und der Schachgesellschaft von Stockholm gründete die Schachgesellschaft von Christiania 1899 den Nordischen Schachverband. Der Verein bekam auf heimischem Boden Konkurrenz, als am 14. November 1911 der Schachklub von 1911 gegründet wurde. , trotz des Widerstands vieler älterer Spieler, die der Meinung waren, dass Kristiania genug mit einem Schachklub hätte. Der norwegische Schachverband wurde 1914 gegründet und 1925 der Schachklub Oslo und Umgebung.

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Eine kurze Zusammenfassung:

Christiania Schakselskab wurde am 4. Februar 1884 von Andreas Aarøe gegründet. Im Jahr 1918 stiftete der Bankier Johs. G. Heftye einen Fonds für den Club. 1921 wohnt Aaron Nimzowitsch in der Pension Gregersen und fungiert als Tutor des Vereins. 1952 kaufte der Klub seine eigenen Räumlichkeiten im Bogstadveien 30 in Majorstuen, 2006 komplett renoviert, öffnete der Klub nach sechsmonatiger Schließung seine Spielräumlichkeiten.

Ehrenmitglieder

GM Simen Agdestein, 1985
GM Einar Gausel, 1995
GM Leif Erlend Johannessen, 2002
FM Ragnar Hoen, 2009
FM Erling Kristiansen, 2009