“Die Bauern sind die Seele des Spiels!” François-André Philidor (1726-1795)
Das Schachspiel verdankt den Bauern seine außergewöhnliche strategische Tielgründigkeit. Diese bescheidenen Figuren können im Schachkampf viele verschiedene Funktionen annehmen. Sie können Blockadefiguren sein, Rammböcke, Helden, die bereit sind, sich selbst zu opfern und sie können in die königlichen Ränge aufsteigen. Wenn man sie allerdings falsch behandelt, können sie schwach werden und für den gegnerischen Angriff eine Zielscheibe darstellen.
“Die Bauernstruktur bestimmt den Plan !” Bent Larsen (1935-2010)
Ivan Sokolev, der Trainer des amtierenden Olympia-Siegers Usbekistan unterscheidet in seinem Buch “Winning Chess Midlegames” (New in Chess 2008) vier unterschiedliche Bauernformationen den 1. Isolani 2. die hängenden Bauern 3. Deppelbauern und 4. Bauernmehrheit im Zentrum. Da die Bauernstrukturen in 3. und 4. aus den anspruchsvollen Eröffnung-Systemen wie der Nimzo-Indisch Verteidigung und Semi-Tarrasch entstehen, ist es für den Schachamateur sinnvoller sich mit den statistisch häufig entstehenden Bauem-Strukturen von 1. und 2. zu beschäftigen.
1.1.) Der Isolani
“Wer den Isolani fürchtet sollte besser das Schachspiel aufgeben.” Siegbert Tarrasch (1862-1934)
Die besondere Relevanz des Isolani zeigl sich schon dadurch, dass er über viele Eröffnungs-Systeme entstehen kann. Wie leicht nachvollziehbar kann der Isolani, nach Abtausch der Leichtfiguren, im Endspiel ein Problem werden. Von daher ist die Isolani-Partei gut beraten, wenn er folgende Angriffskonzepte beherzigt:
– Auflösung des Iso mit d4-d5 bzw d5-d4
Steinitz-von Bardeleben, Hastings 1895
– Einbeziehung eines Turms in den Königsangriff auf die 3. bzw_ 6. Reihe
Anderson-Karpow, SWE 1995
– Figurenopfer auf die Königsbastion h6, f7 und g6 bzw h3, f2 und g3
Keene-Miles, Hastings 1975
– mittels h4 bzw h5 ein Angriffsstützpunkt für eine Leichtfigur schaffen
J Banas – L Navarovszky, Teplitz 1974
Um Angriffskonzepte optimal durchzusetzen, sollten eingefleischte 1. e4 Spieler vor allem auf Strukturen des Panow- Angriffs, Alapin Sizilianer (1. e4 c5 2. c3) oder Italienisch setzen.
1.2.) Das Splel gegen den Isolani
Wie sich aus dem vorherigen Punkt ergibt, sollte die Gegenseite versuchen die Angriffsspielzeuge der Iso-Partei abzutauschen. Die Hauptstrategie besteht darin möglichst viele gegnerische Leichtfiguren zu eliminieren, um im Endspiel mit Schwerfiguren den schwachen Iso zu belagern. In der Praxis haben sich folgende Strategien bewährt:
– Blockade des Feldes vor dem Isolani.
Khalifman-Lukin, St.Petersburg 1994
– Abtausch des Angriffsläufers auf der Diagonalen b1 – h7 bzw b8 – h2.
Kortschnoi-Karpow, WM, Meran 1981
– Abtausch von gegnerischen Springern.
Karpow-Spassky, Montreal 1979
– “Aljechin Kanone” im Endspiel.
Botwinnik-Zagoriansky, UdSSR 1943
Literaturhinweise
Baburin, Alexander: Pawn Structures. Batsford 1998
Beljavsky, Alexander, A. Mikhalchishinm, O. Stesko: Isolani Strategy. Chess University 2012
Hall, Jesper.: Schach-Training für den aufstrebenden Champion. Gambit 2002
Kmoch, Hans: Die Kunst der Bauernführung. Berlin, Engelhardt 1956
Sokolov, Ivan: Winning Chess Middlegames. New in Chess 2008
Ein persönlicher Tipp wie man effektiv gegen den Iso vorgehen sollte ist das Studium der Anatoly Karpov Partie.
2) Hängende Bauern
„nachbarschaftliche” Bauernpaare (d4 und c4 bzw. d5 und c5) die von eigenen Bauern nicht mehr gedeckt werden, nennt man Hängende Bauern (HB). Die Behandlung dieser Bauern-Struktur ist etwas anspruchsvoller als bei dem Isolani. Die Strategie ist jedoch gleich, denn auch hier muss der HB-Besitzer auf Angriff setzen. Ein typisches Motiv ist die Auflösung der HB mit d4-d5 bzw d5-d4. Eine Modellpartie zu diesem Stellungstyp ist :
Boris Spassky – Michail Tal, Montreal 1979
… to be continued